Mehr Licht bitte: Zur Erschliessung des Fotoarchivs Hoffmann

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Historische Fotografie

«Me goht zem Hoffmaa an d‘ Claraschtrooss …», hiess es in Basel früher. Wer sich selbst oder sein Geschäft verewigt haben wollte, ging zum Fotogeschäft Hoffmann an die Clarastrasse. Und heute – «goht me zem Hoffmaa ins Staatsarchiv». Denn das gesamte Firmenarchiv ist umgezogen. Im Herbst 2014 verliessen Dutzende von Kisten, insgesamt 65 Laufmeter Glasplatten- und Filmnegative, Fotopositive, Auftragsjournale und Zeigebücher ihren Entstehungsort, das ehemalige Fotogeschäft Hoffmann. Jetzt warten sie im Staatsarchiv darauf, mehr Licht zu erhalten – das Licht der Öffentlichkeit. Bis Ende 2017 wird der gesamte Bestand fachmännisch aufbereitet und kann dann von allen Interessierten eingesehen werden. Eine Viertelmillion Bilder, geschätzt, zwischen 1890 und 1994.

Was steckt in diesem Bilderschatz? Worauf darf man sich freuen? Was bedeutet das, wenn aus Firmengut Archivgut wird? Was erfährt man über Basels Vergangenheit? Und warum dauert es so lange, bis die Bilder zugänglich werden? Darüber berichtet dieser Blog in regelmässigen Abständen.

Etwas Foto-Geschichte

Aber zuerst etwas mehr Licht in die Geschichte. Alles begann in einer Dunkelkammer anno 1891. In diesem Jahr eröffnete August Eduard Theodor Carl Hoffmann (1860-1925) an der Clarastrasse 36 in Basel ein Fotogeschäft. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit Porträtfotografie. Sein Sohn Eduard Carl Hoffmann (1883-1969) absolvierte seine Ausbildung beim Vater und arbeitete mehrere Jahre als Hoffotograf in Bukarest. Nach seiner Rückkehr übernahm er das väterliche Atelier und baute es aus. Neben der Porträtfotografie widmete er sich zunehmend auch der fotografischen Dokumentation von Tagesaktualitäten. Felix Hoffmann (geboren 1929, aktiv bis 2002) war der letzte Geschäftsinhaber. Er wandelte das Fotogeschäft in die Aktiengesellschaft Hoffmann Photo Kino AG um und führte die Firma ab Beginn der 1950er-Jahre selbständig. Er ist Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Fotografen Basel AGEFOBA.

Das Fotogeschäft Hoffmann an der Clarastrasse 36 in den 1940er-Jahren. Foto Staatsarchiv Basel-Stadt, Fotoarchiv Hoffmann.

Was drinsteckt

Natürlich war das Fotoarchiv Hoffmann keine Black Box. Was aus der Dunkelkammer kam, gelangte ja ans Licht, wurde den Kunden verkauft, von ihnen bewundert und verwendet. Wurde im Geschäftsjournal / Auftragsbuch registriert und dokumentiert. Und die jeweiligen Geschäftsinhaber erinnerten sich gut daran, was sie abgelichtet hatten. Der Nachwelt hingegen ist kaum bewusst, wie vielfältig das Schaffen der Hoffmanns war. Aus den detaillierten Geschäftsbüchern (1890-2007) wird ersichtlich, dass die Passfoto- und Porträtfotografie den wichtigsten Bestandteil der Auftragsarbeiten darstellte. Ein zweites Kernstück des Bildarchivs stellt der Teilbestand Altbasel dar, zu welchem auch Zeigbücher überliefert sind. Inhaltlich handelt es sich um historische Ansichten aus Basel-Stadt, Basel-Landschaft und dem nahen Deutschland. Weitere inhaltliche Schwerpunkte sind das Basler Theater (1940-1968), die Basler Fasnacht (1924-1992) und der Vogel Gryff (1920-2002). Ausserdem sind verschiedene Reportagen (Auftragsarbeiten) vorhanden, Fotografien zu Basler Messen (z.B. Muba, Igeho), aus dem Zoologischen Garten oder auch Flugaufnahmen aus der Region Basel. Zusätzlich sind verschiedene seinerzeit angekaufte Fremdbestände überliefert.

Vorschau

Ansehen kann man diese Bilder zur Zeit noch nicht. Eine Ahnung vermitteln andere Archivbestände, in denen Fotografien der Hoffmanns überliefert wurden. Zum Beispiel im Fotoalbum der Allgemeinen Armenpflege (PA 889a H 1.6) von 1932 mit ca. 40 Aufnahmen und 13 Glasdias der Suppenanstalt und der Austeilstellen in den Quartieren. Oder in den Fotoalben von Dr. Carl Friedrich Meyer (AL 45): Von den insgesamt 3500 Aufnahmen zur baulichen Entwicklung der Stadt stammen etliche aus dem Fotogeschäft Hoffmann.

Impression aus dem ehemaligen Standort der Fotografien an der Clarastrasse. Foto Staatsarchiv Basel-Stadt, Fotoarchiv Hoffmann.

Der Weg ins Staatsarchiv war für die Erben des Fotoarchivs keine Zufallsroute. Seit langem ist bekannt, dass in den Archivmagazinen wertvolles bildliches Kulturerbe gesichert wird. Bereits der erste Basler Staatsarchivar, Rudolf Wackernagel (1855–1925), investierte Zeit und Sorgfalt in den Aufbau einer Bildersammlung. Heute bewahrt das Staatsarchiv grosse und vielfältige Fotobestände zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts auf. Insgesamt sind es weit über eine Million Bilddokumente. Nicht ins Staatsarchiv gelangten hingegen die Sammlung der historischen Fotoapparate aus dem Nachlass Hoffmann. Diese wurden von den Erben dem Museum für Geschichte übergeben.

Ein Haufen Arbeit

Was geschieht nun im Staatsarchiv mit den circa 65 Laufmetern Fotografien und Geschäftsakten? Unter der Leitung der wissenschaftlichen Archivarin Kerstin Brunner arbeiten zur Zeit die Projektmitarbeitenden Nana Badenberg und Peter Hofer in Teilzeitpensen an der Erschliessung des Fotoarchivs Hoffmann. Sie erstellen – aufgrund der überlieferten Verzeichnisse – eine sinnvolle Ordnung, erfassen die Daten im Online-Archivkatalog und verpacken die Originale in konservatorisch geeignete Hüllen und Schachteln. Ende 2017 wird dann das gesamte Fotoarchiv Hoffmann zur öffentlichen Benutzung freistehen. Spätestens dann heisst es endgültig: Es werde Licht!

Hoffmann heute

Übrigens: Das Fotoarchiv Hoffmann befindet sich zwar nicht mehr an der Clarastrasse. Aber «me goht immer no an d‘ Claraschtrooss …». Denn das Gebäude mit seinem markanten Dachaufbau steht noch immer dort. Und noch immer wird dort fotografiert, professionell, einfach unter anderem Namen.

 

Autor: Daniel Hagmann, Leiter der Abteilung Kommunikation und Vermittlung.