Von Elias Kreyenbühl, Leiter des Projekts «Sicherung und Nutzbarmachung», in dessen Rahmen 2013–2017 ausgewählte Archivbestände digitalisiert und mikroverfilmt werden.
Manchmal kann Archivgut ganz schön appetitanregend sein. Der Küchenchef der Safranzunft hielt die Ausgaben seiner Küche seit 1491 im «Kuchibuch» (Zunftarchive Safran 46) fest.
Das Kuchibuch – was es wohl für Überraschungen birgt? Foto Elias Kreyenbühl.
Da liest man von Festgelagen, Perlhühnern, Flusskrebsen und Weinfässern. Die insgesamt vier Bände mit insgesamt 700 Doppelseiten bilden eine Lektüre der ganz besonderen Art. Ein junges Team von Historikern beschäftigte sich mit dieser wunderbaren Quelle und leitete durch Vergleiche mit zeitgenössischen Rezeptbüchern die Gerichte her, die wahrscheinlich aus den im «Kuchibuch» verzeichneten Ingredienzen gekocht worden sind. Probieren Sie doch das daraus entstandene Kochbuch «Zünftig kochen» selber aus! Flavio Häner und Jürgen Mischke ist ein äusserst praktischer und sinnlicher Zugang zur Basler Geschichte gelungen.
Allerdings war der Umgang mit dem «Kuchibuch» heikle Kost. Denn es liess sich kaum benutzen, ohne Schaden zu leiden. Und auch die Digitalisierung des «Kuchibuchs», um das Original zu schonen und die Benutzung zu erleichtern, war alles andere als ein leichtes Entrée. Die schmalen in Schweinsleder gebundenen Bände liessen sich an manchen Stellen kaum öffnen. Eine Digitalisierung mit dem üblichen 180°-Winkel war ganz ausgeschlossen. Selbst eine schonungsvolle Digitalisierung extern auf einem Grazer Buchtisch bei 140° kam nicht in Frage. Die Bände liessen sich nur maximal 90° öffnen. Es gibt sehr wenige Apparate, die das können. Erschwerend hinzu kam auch, dass man die mechanische Belastung beim Hereinfahren des Scanteils in den Buchfalz vermeiden wollte. Und leider waren die Schreiber auf manchen Seiten nicht so diszipliniert wie eine Schreibmaschine und schrieben bis tief in den Buchfalz hinen.
Lesbarkeit hat Vorrang
Ein Ding der Unmöglichkeit? Während das Digitalisierungsteam des Staatsarchivs verschiedene Ansätze erprobte, wurde deutlich, dass die Quadratur des Zirkels nicht zu schaffen war. Unter der Prämisse höchster Buchschonung und bei vernünftigem Aufwand liessen sich keine Reproduktionen in Faksimilequalität erzeugen. An mindestens einem Punkt mussten wir Abstriche in Kauf nehmen. Also setzten wir Prioritäten bei unseren Überlegungen betr. Digitalisierung. Die Schonung der Bücher stand ganz oben. Wir stellten die Lesbarkeit und Wirtschaftlichkeit über die Schönheit der Reproduktion. Wir entschieden, dass die Seiten beim Fotografieren mit einem Holzstäbchen am Rande festgehalten werden und dass dies selbst im Digitalisat sichtbar sein darf.
Präsentation des digitalisierten Kuchibuchs im Stabs-Viewer.
Bei der Nutzung von Archivgut steht der Informationsgehalt viel stärker im Vordergrund als bei mittelalterlichen Handschriften oder bei kostbar illuminierten Inkunabeln, wo solche Artefakte wie die Holzstäbchen, die auf den Prozess der Digitalisierung aufmerksam machen, stören würden. Nach unserem Ermessen würden sich die Archivnutzerinnen und –nutzer deutlich mehr stören, wenn wir nur einen einzigen Band statt alle vier Bände digitalisiert hätten.
Selber Kochen
Wer also «zünftig essen» will, kann sich – dank der aufwändigen Digitalisierung – von der historischen Quelle inspirieren lassen, ohne sich die Finger beim Umblättern schmutzig zu machen. Oder ohne das Buch beim Umblättern noch mehr zu beschädigen … Noch besser: Man kauft sich im Pharmaziehistorischen Museum das Buch von Flavio Häner und Jürgen Mischke und kocht nach. Mit Erlaubnis der Autoren drucken wir hier das Rezept ab.
HUHN MIT KIRSCHEN
Kirschen abgiessen und den Saft auffangen. Haferflocken für die Füllung in der Hälfte des Kirschensafts einlegen und mit der Hälfte des Kardamons und Zimt würzen. Das Huhn säubern und trockentupfen. Kirschensaft in eine Pfanne geben und mit Honig, Zimt, Kardamanon, Salz und Pfeffer sirupartig einkochen lassen. Das Huhn mit einem Teil der Kirschen und den Haferflocken füllen. Anschliessend mit dem eingekochten Kirschensaft bestreichen.
Das Huhn in eine Bratform legen, die restlichen Kirschen darauf verteilen und im Ofen bei 200° zuerst auf der Brustseite braten. Von Zeit zu Zeit mit Kirschensaft und dem austretenden Fett begiessen. Nach 30 Minuten das Huhn wenden und 15 Minuten weiter braten bis es durch ist. Das Poulet zerteilen und mit der Füllung anrichten.
Als Beilage eignet sich weisses Reismus.
Zutaten:
- 1 gutes Huhn, ca. 1,2 kg
- 1 Glas Sauerkirschen
- 3 EL Haferflocken
- 3 EL Honig
- Zimt, 10 Kardamonkörner, Salz, Pfeffer
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