Ein Beitrag von Kerstin Brunner
Am 3. Januar 1950, punkt 17.00 Uhr, wurde die erste Lichtsignalanlage des Kantons Basel-Stadt in Betrieb genommen. Über achtzig Jahre vorher, im Dezember 1868, war in London die erste Ampel mit Gaslichtern aufgestellt worden (leider explodierte sie kurz nach Inbetriebnahme). In Berlin und Paris wurden anfangs der 1920er-Jahre die ersten elektrischen Ampeln in Betrieb genommen. Im Wissen um diese Entwicklung erscheint Basel auf den ersten Blick nicht als Vorreiter in Sachen Verkehrsregelung.
Das tägliche Stadtbild hinsichtlich Verkehrsregelung präsentierte sich eher folgendermassen:
Die Bilder zeigen Knotenpunkte in der Stadt Basel, an welchen Verkehrspolizisten den Verkehr regelten. Die Bilder links und mittig stammen aus dem kürzlich freigegebenen Nachlass des Basler Fotografen Lothar Jeck (1898-1983). Das umgestürzte Verkehrsplaton im rechten Bild (Aufnahme Foto Hoffmann) zeigt eindrücklich, dass das erhöhte Verkehrsaufkommen nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus auch mit Kollisionen und Unfällen einherging.
Diese Entwicklung ging mit dem langsamen Verschwinden der Verkehrspolizisten aus dem Basler Stadtbild einher. Nach Aufflammen der rot-orange-grünen Verkehrssignale der ersten baselstädtischen Ampelanlage an der Schifflände berichtete das Basler Volksblatt am Mittwoch, 4. Januar 1950: «Die Verkehrsampel erreicht dasselbe, was der Verkehrspolizist mit Handzeichen bewirkt hat, durch das Aufleuchtenlassen von roten und grünen Lampen. Das rote Signal hält den Verkehr auf, das grüne gibt ihn frei.»
Die Aufnahmen links und mittig stammen von Lothar Jeck (1898-1983) und zeigen die Perspektive aus der Ecke Schifflände / Eisengasse. Eine alternative Sicht bietet eine Aufnahme von Hans Bertolf (1907-1976, linkes Bild). Es ist erkennbar, dass mehrere Anlagen den Verkehr auf der Kreuzung regeln.
In der Basler Woche, Ausgabe vom 6. Januar 1950, kann zur Einführung der neuen Anlage folgendes nachgelesen werden: «Besonders erfreulich war die Feststellung, dass die meisten Automobilisten vom ersten Augenblick an vollkommen richtig reagierten, währenddem verschiedene Velofahrer, – ähnlich wie seinerzeit bei den Stoppstrassen -, noch nicht recht zu begreifen schienen, um was es bei der neuen Anlage geht.»
Zurück zur internationalen Entwicklung in Sachen Verkehrsregelung: Hinkte Basel wirklich nach? Die Ampel an der Schifflände war, wie in den zeitgenössischen Presseberichten nachgelesen werden kann, eine der modernsten Verkehrsregelungsanlagen in ganz Europa. Hinsichtlich der technischen Ausführung war sie die erste ihrer Art in der Schweiz. Die Anlage konnte nämlich für eine einzige Kreuzung betrieben werden, aber auch mit Gruppen von weiteren zusammengehörigen Kreuzungen gekoppelt werden. Und genau dies war Basels Plan. Um einen geordneten Verkehrsfluss zu erreichen – Stichwort «Grüne Welle» – behalf man sich mit einer Zentralsteuerung, welche die Steuerapparaturen aller Kreuzungen zusammenfasste. Beihilfe leistete die sogenannte, gemäss Basler Volksblatt «hochentwickelte» Schwachstromtechnik. Die Schwachstromanlagen wurden allesamt in den Diensträumen des Telephonamtes montiert. Während sich die Räumlichkeiten der Telephondirektion am Rheinsprung 18 befanden, stand das sogenannte Telephongebäude an der Zwingerstrasse 25.
Nebst der Einstellung, dass bei normalem Verkehrsfluss eine grüne Welle, gekoppelt an Normalgeschwindigkeit und Distanz zu weiteren Ampelanlagen, erreicht werden konnte, stellten eingebaute Bodenwellen sicher, dass ein Bedarf an Schaltung an ebendieser Stellung ermittelt und individuell gesteuert werden konnte.
Weitere Ampelanlagen waren nebst der Lichtsignalanlage an der Schifflände für 1950 projektiert. Gemäss Basler Volksblatt waren dies «Ergänzung der Anlagen im Strassenstück Marktgasse / Gerbergasse / Barfüsserplatz».
Zurück zu den Fotografien, welche der Geschichte um die Wendung in der Verkehrsregelung der Stadt Basel ein Stück mehr Leben einhauchen. Das Bild des Verkehrspolizisten vor dem umgestürzten Verkehrsponton wurde 1948 aufgenommen. Es zeigt die Stelle an der Ecke Claraplatz / Rebgasse, an welcher zwei Jahre später die zweite baselstädtische Ampel den Verkehrsfluss regeln sollte.
Den Anlass zu dieser kurzen Geschichte der Verkehrsregelung in Basel nach dem Zweiten Weltkrieg gab die Erschliessung des fotografischen Werks des bekannten Basler Fotografen Lothar Jeck (1898-1983). Die momentan über 12 000 online verfügbaren Digitalisate im Digitalen Lesesaal ermöglichen es, in einem breiten Spektrum von Themen und Ereignissen spannende Einblicke in die Lokalgeschichte Basels zu gewinnen.
Bild- und Quellennachweis
Bildergalerie eins:
- Links: Kreuzung beim Bankverein mit Verkehrspolizist, Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1060c 3/10/542, aufgenommen 1935 von Lothar Jeck
- Mitte: Kreuzung Aeschenplatz, Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1060c 3/10/546, aufgenommen 1937 von Lothar Jeck
- Rechts: Verkehrspolizist 1948 vor umgestürztem Verkehrs-Planton Ecke Greifengasse / Rebgasse, aus dem Fotoarchiv Hoffmann, Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1045i 21-2 1
Bildreihe zwei:
- Ampelanlage, links: Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1060c 3/10/1A, aufgenommen von Lothar Jeck, vermutlich 1950
- Ampelanlage, mittig: Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1060c 3/10/547, aufgenommen von Lothar Jeck, vermutlich 1950
- Ampelanlage, rechts: Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013 1-178 1, aufgenommen von Hans Bertolf im Januar 1950
Presseartikel:
- Basler Volksblatt, 4. Januar 1950: Einführung der automatischen Verkehrsregelung mit – automatischem Nachtessen
- Basler Woche, No. 1 vom 6. Januar 1950: Automatische Verkehrsregelung im Betrieb
Primärquellen:
- Staatsarchiv Basel-Stadt, ED-REG 8a 17-11
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