Die Rheinbrücke auf einer Federzeichnung von Emanuel Büchel (1705–1775). Staatsarchiv Basel-Stadt, Falk. Fa 2, 3.
Dieses «Herzstück» verbindet die Region Basel seit 800 Jahren. Mit dem Gotthardverkehr hatte die Rheinbrücke allerdings – entgegen hartnäckiger Gerüchte – nichts zu tun. Dafür finden sich im Staatsarchiv zahlreiche andere spannende Dokumente zur Geschichte dieses Verkehrswegs. Zum Beispiel dieses Bild … Lesen Sie selbst.
Mit dem Gotthard hat die Mittlere Brücke nur wenig zu tun. Von dort stammen die Granitplatten, mit denen 1905 die neu erstellte Betonbrücke verkleidet wurde. Das ist alles. Doch der Mythos, dass der Gotthardverkehr hier den Rhein überquerte, ja dass die Brücke sogar für ihn errichtet worden sei, scheint nicht auszurotten zu sein. Vielleicht weil der Gotthard ein derart mythischer Berg ist, dessen Bedeutung für den mittelalterlichen Fernverkehr chronisch überschätzt wird. Natürlich war Basel ein Verkehrsknotenpunkt, auch für den Fernhandel. Aber zum einen waren andere Handelswege bedeutend wichtiger (etwa jener durch die burgundische Pforte), zum andern ging der Transitverkehr in Basel nicht über, sondern auf den Rhein. Denn der Warentransport auf dem Wasser war wesentlich sicherer, günstiger und vor allem doppelt so schnell als die unsicheren Landwege. Der Bau der Rheinbrücke im 13. Jahrhundert steht in einem völlig anderen Zusammenhang. Blenden wir zurück.
Machtsicherung
Im frühen 13. Jahrhundert war der Basler Bischof auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er war einer der mächtigsten Feudalherren am Oberrhein, sein Besitz reichte vom Bielersee bis an den Rhein, die Bischofstadt florierte (die Bevölkerung sollte sich innerhalb eines Jahrhunderts verdoppeln). Vom Wohlstand zeugten diverse grosse Bauprojekte: der Bau einer Stadtmauer (die sogenannte Innere Mauer, welche die Burkhardsche Mauer aus dem 11. Jahrhundert ersetzte) und der Bau einer Brücke über den Rhein. Letztere stellte eine Verbindung zu den bischöflichen Gütern im Breisgau her und war wohl in erster Linie für den regionalen Handel gedacht. Sicherlich ging es aber auch darum, das Einflussgebiet des Bischofs in den Breisgau auszudehnen. Denn 1218 war in Freiburg der letzte Zähringer gestorben. Da war die Gelegenheit günstig, die Hand nach Norden auszustrecken. Letztlich scheiterte allerdings die Expansion in den Schwarzwald am Widerstand der Habsburger.
Brückenkopf Kleinbasel
Gleichzeitig mit dem Brückenbau entstand auf der anderen Flusseite eine neue Siedlung, von Bischof Heinrich von Thun mit eigenem Stadtrecht ausgestattet: das Mindere Basel oder Kleinbasel. Eine typische, wie auf dem Reissbrett gezeichnete Gründungsstadt mit drei langen Parallelstrassen und mehreren kleinen Querstrassen. Sie sollte als Brückenkopf zum Schutz der Brücke und wohl auch als Basis für die Expansion in den Schwarzwald dienen.
Käppelijoch der Mittleren Brücke mit Standbild des Bischofs Heinrich von Thun, Plan von 1904. Staatsarchiv Basel-Stadt, BD-REG 2B 8-1-5 (2) 7
Wann dies alles geschah, ist unklar, da das gesamte städtische Archiv beim Erdbeben von 1356 verbrannte. Als Baujahr der Rheinbrücke wird 1225 angenommen. Aus diesem Jahr datiert eine Urkunde, die besagt, dass die Klöster von St. Blasien und Bürgeln vom Brückenzoll befreit seien, weil sie Bauholz für die Brücke geliefert haben. Ob die Brücke damals erst geplant, im Bau oder gar schon fertig gestellt war, ist unklar. Eine Zusammenfassung der Urkunde findet sich im Basler Urkundenbuch, nachzulesen im Staatsarchiv.
Eine Besonderheit der alten Rheinbrücke war, dass sie nur auf der Kleinbasler Seite auf Steinfundamenten stand. Auf linken Flusseite, wo der Rhein deutlich tiefer ist und schneller fliesst, war der Bau von Steinfundamenten mit den technischen Möglichkeiten der Zeit unmöglich. Dort stand die Brücke auf Holzpfeilern. Mit absehbaren Folgen: Immer wieder wurden diese von Hochwassern beschädigt oder gar weggerissen. So geschah dies in den Jahren 1268, 1274, 1275, 1302, 1340, 1343 u.s.w. Dann kam die Rammkatze zum Einsatz, die an einem Gerüst von zwei Pferdezügen hochgezogen wurde und die Pfähle in den Flussgrund rammte. Auf der Zeichnung von Emanuel Büchel (erstellt um 1760) sind die Unterhaltsarbeiten deutlich zu erkennen.
Ausschnitt aus der Federskizze von Emanuel Büchel
Mit der Korrektur des Rheines im 19. Jahrhundert verschärfte sich die Situation zunehmend. Durch die grössere Fliessgeschwindigkeit drohte der Fluss, die Fundamente der Brücke zu unterspülen. In dieser Situation entschloss man sich 1899 zu einem Neubau. Nach dreijähriger Bauzeit, während der dem lokalen Verkehr eine Notbrücke zur Verfügung stand, konnte die neue Rheinbrücke am 11. November 1905 dem Verkehr übergeben werden.
Die Mittlere Rheinbrücke und die Notbrücke, 1902–1903. Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 1-41-5
Damals erhielt sie auch ihren offiziellen Namen: Mittlere Rheinbrücke. Diese Bezeichnung wäre zuvor nicht möglich gewesen, denn erst nach dem Bau der Wettsteinbrücke (1879) respektive der Johanniterbrücke (1882) lag die alte Rheinbrücke tatsächlich in der Mitte.
Ein Beitrag von Peter Habicht im Rahmen der Serie Strassengeschichten.
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