Ein Wort zum Bild / aus dem Fotoarchiv Hoffmann 18

Diese Seite ausdrucken
Allgemein, Blogserie

Blick vom Hafendamm auf dem Raddampfer Luzern, 17. November 1930. Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1045c 2-964

Sonntagnachmittag am Rhein, wie schön … Ein Bild für nostalgische Gemüter. Aber nur beim ersten Hinsehen. Denn was sich da stromaufwärts kämpft, ist kein Passagierdampfer mit Ausflüglern, sondern das Schleppschiff eines ganzen Verbunds. Und die Zuschauer? Alles Männer, uniformiert, mit merkwürdigen Rauchsignalen beschäftigt, offenbar amtlich „befugt“ – denn allen Nichtbefugten verbot das Schild ein Betreten des Hafendamms. Also doch eher ein Bilddokument aus der harten Alltagsroutine der Rheinschifffahrt. Schliesslich war der 17. November 1930 auch gar kein Sonntag, sondern ein normaler Montag.

Dieses Bild ist nur eines von unzähligen, das von der Basler Fotografendynastie Hoffmann festgehalten wurde. Deren Geschäftsarchiv wird derzeit im Staatsarchiv zugänglich gemacht.

3 Kommentare zu “Ein Wort zum Bild / aus dem Fotoarchiv Hoffmann 18”

  1. Hermann Wichers sagt:

    Man sieht noch mehr: Wer das Bild das Bild mit der Lupe vergrössert, erkennt, dass der Schubverband gerade die geöffnete Schiffsbrücke zwischen Huningue und Weil-Friedlingen, passierte, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts beide Orte verband, aus nicht zuletzt militärischen Gründen aber nie zu einer festen Brücke ausgebaut wurde. Im Hintergrund erkennt man zudem die im Kaiserreich erbaute und seit 1919 stillgelegte Eisenbahnbrücke von Weil nach St. Louis, die im Zweiten Weltkrieg zerstört und dann nicht wieder in Stand gesetzt wurde. So spiegelt das Bild auch ein wenig die spürbare Distanz zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg.

  2. Tilo Richter sagt:

    P.S.:Vielleicht war es aber auch nur ein zünftiger Böller, den die Herren da gezündet haben …

  3. Tilo Richter sagt:

    Technikgeschichtlich eine hochinteressante Aufnahme! Zu den Herren im Vordergrund, jenseits der Abschrankung, habe ich mir eine Frage gestellt: Könnte es – statt Rauch – auch Wasserdampf sein, was wir da sehen, weil die «vom Schiffahrtsamt Befugten» z.B. ein Signalhorn bedienen? An diesem Landesteg sieht es weniger danach aus, als befände sich dort eine Feuerstelle. Rauch ist zudem recht aufwändig zu steuern und wird z.B. bei Starkregen und nachts nicht gesehen. Ein mit hochkomprimiertem Wasserdampf betriebenes Horn, eine sog. «Dampfpfeife», wäre an dem Fahnenmast aber vorstellbar, bedient von dem Angestellten ganz rechts mit einer langen Eisenstange (die ihn vor einer Verbrühung schützt). Im November wäre es kalt genug, damit der Wasserdampf eine solch grosse Wolke bildet, wenn ein Signal abgegeben wird. (Vergleichen lässt sich das mit dem Raddampfer, dessen zwei grosse Kamine Rauch abgeben, die beiden kleineren den Abdampf der Maschine.) See- und Binnenschifffahrt kennen Schallsignale, die zur Kommunikation untereinander verwendet werden, etwa zum Manovrieren. Vielleicht gab es Ähnliches auch in der Verständigung zwischen Schiffspersonal und «Landratten» – wie umgekehrt beim Nebelhorn. Aber das wissen die Freunde der Rheinschifffahrt vermutlich ganz genau und wir werden es womöglich noch erfahren … Hoffmann fertigte damals mehrere Aufnahmen an, eine weitere aus der Serie veröffentlichte die Schweizerische Bauzeitung (Online-Ressource hier: https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=4&ved=0ahUKEwiP3oqUiajbAhWGvRQKHYPHAL4QFgg3MAM&url=https%3A%2F%2Fwww.e-periodica.ch%2Fcntmng%3Fpid%3Dsbz-002%3A1931%3A97%3A98%3A%3A396&usg=AOvVaw1ltoV1aoxKgw42qT_Z73Cz ) Dort erfährt man zudem, dass es sich nicht ganz um «Alltagsroutine» handelte und Hoffmann nicht zufällig vor Ort war, denn es kam mit diesem Schlepperverbund die «millionste Tonne des Jahres» in Basel an. Daher der Auflauf an Land und auf dem Schiffsdeck. Es war also ein für die Basler Transportschifffahrt feierlicher Moment: Durch günstige Pegelstände wurde diese Tonnage-Schallmauer an diesem 17. November 1930 erstmals überhaupt durchbrochen. Vom Gesamtumschlag im Jahr 1930 entfielen damals rund 461’000 Tonnen auf den Rhein und 636’000 t auf den Rhein-Rhone- und Hüninger Zweigkanal. (Entschuldiung, jetzt wurde es doch etwas mehr als «EIN Wort zum Bild» …)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert