Verdachtsmomente

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Allgemein

Im Magazin des Staatsarchivs Basel-Stadt befindet sich ein spezieller Bestand: die Akten des Staatsschutzes. Mehrere Hunderttausend Fichen (Karteikarten) und Tausende von Dossiers zu Personen und Organisationen dokumentieren, was die politische Polizei des Kantons im Austausch mit den Bundesbehörden überwacht, kontrolliert, registriert, weitergeleitet und vor Gericht verwendet hat. Zeitlich umfasst dies die Spanne von der Gründung der Behörde 1938 bis 1990. Nach der sogenannten Fichenaffäre 1989 war der Aktenbestand „eingefroren“ und an das Staatsarchiv abgeliefert worden.

Was da alles drin ist, das veranschaulicht die soeben erschienene Publikation „Verdachtsmomente. Fichen und Dossiers aus dem Archiv des Staatsschutzes„. Sie präsentiert Originalakten der 1950er- bis 1960er-Jahre, in Form einer Blütenlese mit Fussnoten – als Auswahl mit Erläuterungen. Da geht es um Misstrauen, um systematische Überwachung von Politaktivistinnen, um Denunziation von Nachbarn, um sowjetische Agenten und baslerische Mitläufer, um Bürokratie und Willkür.

Die Wiedergabe der Originaldokumente in ihrer bedrückenden, gelegentlich kuriosen Beamtensprache ermöglicht tiefe Einblicke in die Mentalität des Überwachungsapparats. Ausführliche Kommentare des Herausgebers sowie ergänzende Beiträge von alt Ständerätin Anita Fetz, dem ehemaligen Polizeikommandanten Robert Heuss sowie der Historikerin Brigitte Studer machen verständlich, wie der Staatsschutz funktionierte.

Beispiele

Da ist zum Beispiel die Fiche von Carla Bassini (Name anonymisiert), wohnhaft in Modena. Sie denunzierte 1956 ihren Geliebten, der bei einer Basler Autogarage arbeitete, als Kommunist. Wäre er das gewesen, hätte das Folgen für ihn gehabt. Die Nachforschungen der Staatsschützer aber ergaben: Sie hatte ihn aus Eifersucht angeschwärzt, damit er ausgewiesen werde und zu ihr zurückkehren müsse.

Da ist zum Beispiel die Fiche von Leonz Biberti, Schauspieler. Er sollte 1952 die Regie für ein Theaterstück des russischen Schriftstellers Nikolai Gogol übernehmen – sagte dann aber ab. Denn sein Auftraggeber war die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion, und Biberti hatte bei Radio wie Theater Schwierigkeiten bekommen wegen seiner Zusage.

Da ist zum Beispiel das Dossier von Maria Yurkow (Name anonymisiert), Stripteasetänzerin in Basel und europaweit. War sie nun eine Agentin, wie der baslerische Vertrauensmann behauptete? Was steckt hinter all den widersprüchlichen Aussagen?

Da ist … 52 Fichen und 7 Personendossiers sind im Buch wiedergegeben. Knapp 400 Seiten Zeitgeschichte.