Neu für Sie: Anti-AKW-Geschichte

Diese Seite ausdrucken
Neu zugänglich

Propagandakleber, 1990. Staatsarchiv Basel-Stadt, PA 1306a C 5 (1)

Ab sofort können im Staatsarchiv Basel-Stadt die Unterlagen der ehemaligen Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz eingesehen werden (Archivsignatur PA 1306). Über 20 Laufmeter Akten, Fotos, Filme und Plakate vermitteln ein lebendiges Bild des breit abgestützten Widerstands gegen Atomkraftwerke in der Schweiz.

Die Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz wurde 2015 vom gleichnamigen Verein (Roland Meyer, Markus Ritter, Beatrice Alder und andere) eröffnet. Sie geht auf eine Initiative des Liedermachers Aernschd Born zurück. Er wollte damit Unterlagen, die seit 1970 von Aktivistinnen und Aktivisten gesammelt worden waren, sichern und öffentlich zugänglich machen. Unter der Leitung von Aernschd Born bewahrte die Dokumentationsstelle vielfältige Schrift-, Bild-, Ton-und Filmunterlagen auf. Von der Gewaltfreien Aktion gegen das AKW Kaiseraugst (GAGAK) stammten zum Beispiel Briefwechsel zu Abstimmungskampagnen oder zu einem Massenhungerstreik. Verschiedene Einzelpersonen übergaben Propagandaplakate, Filme über die Besetzung des Baugeländes des AKW Kaiseraugst, Fotos und Flugblätter von Demonstrationen, Zeitungsartikel und Drucksachen.

Die Unterlagen aus der Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz veranschaulichen die Entstehung einer breit abgestützten zivilgesellschaftlichen Bewegung. Aus dem Widerstand gegen das geplante AKW Kaiseraugst heraus verbreitete sich über die Region Basel hinaus der schweizweite Widerstand gegen Atomkraftwerke. In den 1970er-und 1980er-Jahren kam es zu zahlreichen Aktivitäten und Abstimmungen. Bis heute bewegt das Thema der Kernenergie viele Menschen. Gemäss Kantonsverfassung und Atomschutzgesetz ist der Kanton Basel-Stadt verpflichtet, sich gegen die Nutzung von Kernenergie zu wenden. Auf nationaler Ebene wurde 2016 mit dem Energiegesetz der Bau neuer Atomkraftwerke verboten.

Die Dokumentationstelle präsentierte mit ihrer Sammlung ein Stück Zeitgeschichte von aktueller Bedeutung. Eine langfristige Finanzierung des Betriebs erwies sich allerdings als schwierig. Deshalb baten 2015 mehrere Grossrätinnen und Grossräte den Regierungsrat um eine finanzielle Unterstützung. Eine dauerhafte Weiterführung der Dokumentationsstelle als eigenständige Institution stand für den Regierungsrat nicht zur Debatte. 2019 wurde beschlossen, dass der dokumentarische Kern der Sammlung durch das Staatsarchiv übernommen und nachhaltig gesichert werden sollte. Die Sicherung der Unterlagen im Staatsarchiv gelang durch gemeinsames Engagement von Dokumentationsstelle, Gesundheitsdepartement und Staatsarchiv. Dank eines Unterstützungsbeitrags des Swisslos-Fonds konnten die aufwändigen Ordnungs-, Verzeichnungs-und Verpackungsarbeiten der grösstenteils nicht inventarisierten Sammlung finanziert werden. Diese Arbeiten übernahmen Aernschd Born und die Historikerin Sabine Braunschweig, das Staatsarchiv formulierte die entsprechenden Vorgaben. Das Staatsarchiv steuerte mit Projektbegleitung, Etikettierung sowie Optimierung der Verpackung weitere wesentliche Eigenleistungen bei.

Zur Aufgabe des Staatsarchivs gehörte es auch, den angebotenen Bestand archivisch zu bewerten und eine Auswahl zu treffen. Die Objekte der Sammlung übernahm das Historische Museum Basel, das Bibliotheksgut ging an die Universitätsbibliothek Basel. Trotz Beeinträchtigung durch die Coronapandemie konnten die Arbeiten planmässig abgewickelt werden. Die Lokalitäten der Dokumentationsstelle wurden nach der Übergabe an das Staatsarchiv geräumt und der Trägerverein der Dokumentationsstelle löste sich im Januar 2022 auf.

Die Unterlagen sind ab sofort unter der Archivsignatur «PA 1306 Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz» via Online-Archivkatalog (https://query.staatsarchiv.bs.ch) recherchierbar und können im Lesesaal des Staatsarchivs eingesehen werden.