Ein Wort zum Bild: Es brennt!

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Allgemein, Blogserie, Historische Fotografie

 

Foto Walter Höflinger (1904–1958), 18.2.1956. Staatsarchiv Basel-Stadt, Hö A 33553

Über den alten Slogan «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte» liesse sich auch hier kontrovers diskutieren. Wir sehen dicken Rauch auf der einen Seite und den Feuerwehrmann mit Wasserspritze auf der anderen Seite. Der diagonal durch das Bild führende Wasserstrahl gibt dem Bild das Quantum Spannung, die es braucht, damit das fotogene Duo unsere Assoziationen in Gang bringt:  Fantasien, für die dieses Bild als Metapher stehen kann. Das ist eine der vielen Erklärungen dafür, weshalb Bilder mehr sagen als tausend Worte. Weil sie auf einen Blick Fantasien hervorrufen, die schon vor dem Bild da waren.

Das ist die eine Seite. Die andere Seite: Gerade deswegen sind wir manchmal unempfindlich für den Kontext der Bilder – insbesondere von Fotografien – , für den Zusammenhang, in dem sie entstanden sind, für die Absichten, die mit ihrer Publikation verbunden sind. Den Kontext unterschlagen diese Bilder gewissermassen, er liegt ausserhalb des Sichtbaren. So auch hier. In Basel herrschen Anfangs Februar 1956 Temperaturen zwischen –10° bis –20°. Innert 14 Tagen rückt die Basler Feuerwehr rund 170 mal wegen geborstener Leitungen, überhitzter Heizkörper und Wasserschäden aus. Am 18. Februar schliesslich bricht in der Liegenschaft Nadelberg 25/27 ein Brand aus. Die Bekämpfung dieses Brandes ist kompliziert: Das im Haus befindliche, in Brand geratene Pneulager entwickelt einen undurchdringlichen, beissenden Rauch, die 150 im Einsatz stehenden Feuerwehrleute kommen mit ihren Fahrzeugen nicht durch die schmale Strasse, das Löschwasser auf der Strasse bildet sofort eine dicke Eisschicht oder es gefriert bereits beim Austritt aus dem Schlauch.

Der Brand wird nach zweitägigem heroischem Einsatz der Feuerwehr gelöscht, es sind keine Verletzten zu beklagen. Schadenssumme über zwei Millionen. Schliesslich ist dieser Brand einer der Gründe, weshalb kurz darauf in der Regierung heftig über die Sanierungsbedürftigkeit der Altstadt debattiert wird. Mit den bekannten Folgen: Um ein Haar wäre ein grosser Teil dieser Altstadt in den 1960er-Jahren einem radikalen Kahlschlag zum Opfer gefallen.

Dieser Beitrag von Staatsarchivarin Esther Baur erschien erstmals im Mitarbeitermagazin der kantonalen Verwaltung vom März 2008.