Kombinierter Elektrogasherd. Foto: Walter Höflinger, 4. Juni 1948. Staatsarchiv Basel-Stadt, Hö D 21431
Es gibt Fotografien von Menschen, Landschaften und Häusern. Und es gibt Fotografien von Dingen, wie dieses Foto eines kombinierten Elektrogasherdes von 1948, aufgenommen vom Fotografen Walter Höflinger (1904–1958) im Auftrag der Basler Firma Christen und Co., spezialisiert auf die «Fabrikation von Erzeugnissen der Metallindustrie». Unser heutiges Auge ist unter anderem geschult an den Fotografien der neuen Sachlichkeit, die jedes noch so unscheinbare Ei in ein begehrenswertes Objekt zu verwandeln vermochte, oder an den Fotos der zeitgenössischen Hochglanzwerbung. Diese ordnet zu Werbezwecken die Eigenschaften des Dings eher den medialen Eigenschaften von Stars unter, etwa in der Art von: Auch – die zugegebenermassen etwas hausbackene – Martina H. will, sie muss natürlich nicht, gelegentlich backen und kochen und sie tut dies vorzüglich mit dem Combi-Star (mit C). Jede Köchin, jeder Koch sein eigener Star, oder so…
Unser Kombi-Star von 1948, der Gasherd und Elektroherd in einem vereinigt, ist eine Art Kompromissbildung und reagierte vermutlich weniger auf die damaligen Bedürfnisse der Hausfrauen als auf den Konkurrenzkampf zwischen Gaswerk und Elektrizitätswerk. Erst mit der Gasrationierung im zweiten Weltkrieg setzten sich damals Elektroherde langsam durch. Gas galt zudem als giftig und explosionsgefährlich, wohingegen die Elektroherde zwar sauberer und deshalb moderner, aber dennoch teurer und noch nicht so leistungsstark waren. Die jungen Frauen, neu Konsumentinnen genannt, aber waren, wie ein firmeninternes Papier des Gaswerks klagte, zunehmend «elektrisch eingestellt». Auf dieses Dilemma reagierte die Firma und brachte eine kombinierte Version auf den Markt. Als Vorstufe der eigentlichen Werbung – die einen Ausschnitt dieses Bildes in der Firmenbroschüre zeigte – eröffnet diese Fotografie unfreiwillig einen Blick auf die Produktionsbedingungen sowohl des Fotos selbst als auch des fotografierten Objekts. Wir sehen gleichsam zu, wie die schnelle Retusche den Ort der Aufnahme und den Ort der Produktion, die Werkstatt, zum Verschwinden bringt. Auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Werbestrategien muten sowohl das Objekt selbst als auch dessen Fotografie eigenartig naiv an. Ganz gewiss ist hier nicht die Fotografie als Medium eingesetzt, das die Eigenschaften des Objekts auf fotografischem Weg ins beste Licht stellen, gar erzeugen oder inszenieren sollte, im Gegenteil: Die Fotografie bestätigt ganz schlicht und naiv das Vorhandensein, gleichsam die Existenz des Dings. Wie aber die Firma auf die Idee kam, ihren Herd «Eskimo» zu nennen, das möchte man wirklich gerne wissen. Dieser Name erst macht heute dieses naive Bild zu einem absurden Bild.
Dieser Beitrag von Staatsarchivarin Esther Baur erschien erstmals im Mitarbeitermagazin der kantonalen Verwaltung vom Dezember 2006.
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