Was das Basler Münster kostete

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Digitalisierung, Projekt Sicherung & Nutzbarmachung

Rechnungsbuch der Münsterfabrik. Staatsarchiv Basel-Stadt, Klosterarchiv Domstift NN 1.

Die Antwort heisst: Lesen Sie es selber nach, im Online-Archivkatalog des Staatsarchivs. 46 Hefte voller Zahlen – was steht da drin? Die Einnahmen und Ausgaben der sogenannten Fabrica des Basler Münsters zwischen 1399 und 1487. Diese Münsterfabrik war ein Baufonds, aus dessen Geldern die Kirche erbaut und unterhalten wurde. Fast hundert Jahre Baugeschichte sind in diesen Rechnungsheften abgebildet, vom Wiederaufbau nach dem Erdbeben von 1356 bis zur Vollendung um 1500. Die Münsterfabrik oder Münsterbauhütte befand sich damals am Sitz der heutigen Lesegesellschaft, beim Münsterchor, und bestand aus einem Haus mit Werk- und Versammlungsräumen sowie Küche. Zu ihr gehörte Gesinde und ihre Trägerschaft, bestehend aus Adelsfamilien, Achtburgern und Witwen. Die Fabrica besass Häuser, Steinbrüche, einen Fuhrpark, Pferde, Stallungen, Gärten, Wiesen und Weinberge mit eigenen Trotten. Dazu kamen Werkzeuge und Vorräte an Getreide, Gemüse, Kohl, Sauerkraut und Wein. Das liturgische Kirchengerät gehörte zwar der Kirche, die Wartung oblag aber der Fabrica, welche Silber- und Goldarbeiten in Auftrag gab. Die Münsterfabrik verwaltete das Kirchengeläut, die Uhr, die Orgeln, bezahlte die Prädikanten, Sänger, Ministranten und die Glöckner. Sie liess die Hauptkirche, ihre Kapellen und den Kreuzgang putzen, der Verschleiss an Besen ist eindrücklich.

Grosse Finanzmacht

Die Münsterbauhütte war wie ein Staat im Staate. Ihre Finanzmacht war riesig. Ihr gehörten alle Kollekteneinnahmen der Gottesdienste sowohl des Münsters als auch sämtlicher den bischöflichen Dekanaten unterstellten Kirchen, vom Jura ins Badische, vom Hauenstein in den Sundgau bis Colmar. Dazu kamen direkte Spenden und  Legate Verstorbener.  Als Ausgaben werden in den Rechnungsheften hauptsächlich die Löhne der Bauleute aufgeführt, grosse Materialeinkäufe und Rendite-Zinsen an Dritte. Zu den weltlichen Behörden hatte die Münsterfabrik enge Beziehungen. Jedes Jahr, zur Bürgermeisterwahl im Juni, spendierte die Fabrica den Apéritif vor dem Martinsturm des Münsters. Die Ratsherren waren regelmässige Gäste beim Essen der Fabrica, ebenso das städtische Gericht. Zunehmend prägten auch grosse Kapitalgeschäfte den Geldverkehr der Fabrica. Hauptpartner war der der städtische Rat, dem Anleihen gewährt wurden.

Mehr als Zahlen

Dieses eindrückliche Archivdokument ist nicht bloss für Wirtschaftshistoriker interessant, es erzählt auch vieles über die Kultur- und Sozialgeschichte. Im Zentrum stehen die Einblicke in die Adelsaristokratie, in die wachsenden Schichten der vermöglichen Achtburger, ganz besonders in den hohen Anteil von Frauen als vornehmen Gönnerinnen. In den bewegten Jahren um 1500 zeigt sich in diesen Rechnungsbüchern die übergreifende Macht und Realität der Kirche. Digitalisiert wurden die gut 2700 Seiten der Rechnungshefte der Münsterfabrik im Rahmen des Projekts Sicherung und Nutzbarmachung. Anlass dazu gab ein Forschungprojekt. Die Transkription durch Beat von Scarpatetti und Mitarbeitende wurde unterstützt durch die Dr. Hans A. Voegelin-Bienz – Stiftung.