Im Januar 1908 offerierte August Sandoz aus Le Locle, seines Zeichens ‚Professeur de Jiu-Jitsu’, der Polizeileitung diesen soeben in Europa angekommenen japanischen Kampfsport mit dem Argument, dieser erlaube, Widerstand leistende Personen ohne Schwierigkeiten und ohne jede Gefahr, einfach durch einige Griffe, zu führen und auszuschalten. Hauptmann Mangold hielt dafür, dass „der Wert dieser Kenntnisse mit den verbundenen Unkosten des Unterrichtes nicht in Übereinstimmung gebracht werden könnte“. Weiter führte er aus:
„Das Haupterfordernis bei allen Vorkommnissen, wo der Polizist seinen Mann stellen muss, wird immer die eigene Kraft desselben sein. Ich glaube in dieser Beziehung aber eine Mannschaft zu besitzen, welche mit wenigen Ausnahmen keines Jiu-Jitsus bedarf, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Von jeher habe ich darauf gehalten, möglichst grosse, imponierende und kräftige Leute zu engagieren und es wird allerseits anerkannt, dass Basel in dieser Beziehung als Vorbild dienen kann.“
Regierungsrat David beantwortete deshalb die Anfrage des Jiu-Jitsu-Professors abschlägig mit der Begründung, es werde bei der Rekrutierung des hiesigen Polizeikorps hauptsächlich darauf gesehen, kräftige Leute zu gewinnen, die ohne weiteres den an sie gestellten Anforderungen in Bezug auf Körperstrafe und Gewandtheit genügen können. Aber bereits 1 ½ Jahre später hatte man es sich offenbar anders überlegt und eingesehen, dass der japanische Kampfsport für den polizeilichen Alltag nützlich sein könnteund auch kräftigen Ordnungshütern in gewissen Situationen das Eingreifen erleichterte.
Am 4. Oktober 1909 begann in der Theaterturnhalle ein 14-tägiger Kurs für japanische Ringergriffe. Sämtliche Korpsangehörigen hatten jeden 2. Tag eine Unterrichtsstunde mitzumachen. Bei den damaligen Arbeitsverhältnissen hiess dies sieben Unterrichtsstunden. Ob dieser Unterricht nachhaltig war und später weitergeführt wurde, ist nicht bekannt. Basel nahm aber mit diesem Jiu-Jitsu-Unterricht eine Pionierrolle ein, denn in Deutschland war die Berliner Polizei die erste, die sich damit befasste: Sie hatte erstmals am 30. Juni 1910 eine Jiu-Jitsu-Vorführung, worauf dieser Kampfsport bei der Berliner Kripo und etwas später bei der Schupo eingeführt wurde.
Mehr zur Basler Polizeigeschichte
Dieser Beitrag stammt von Robert Heuss, ehemaliger stellvertretender Polizeikommandant und späterer Staatsschreiber. Auf die Kampfsportgeschichte stiess er bei seinen Archivrecherchen für die 2016 erscheinende Publikation zur Basler Polizeigeschichte 1816-2016.
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