Körperwärme statt Kohle? Wie Basel das Tram heizte

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Allgemein, Archivpädagogik

Ein Beitrag von Sarah Meyer, Pfeffingen BL, Maylis Bron, Courchapoix JU, Célia Lusa, Bassecourt JU, Léa Dubail, Porrentruy JU, Emilie Adatte, Porrentruy JU, Margaux Cuttat, Rossemaison JU, und Eva Perren, Pfeffingen BL

Basel, den 27. Dezember 1917. Sanitätsdepartement XV A 13

Wie es dazu kam, dass die „Druggete“ im Tram die Heizung ersetzen sollte und warum die Basler in ihren Trämmli wegen des Ersten Weltkriegs wortwörtlich kalte Füsse bekamen. Mehr dazu in unserer Quelle der Woche, einer frühe Form der „Fridays for Future“, wenngleich auch aus anderen Motiven.

Formaler Kontext der Quelle

Die Quellen zur Elektrizität waren lose Blätter in einer Akte. Zusam­mengehörende Seiten waren wie bei einem Schulheft aneinander gehef­tet. Die Dokumente bestanden aus Briefen und Beschlüssen des Regierungsrates. Die Briefe waren von Hand ge­schrie­ben oder mit Maschine getippt. An den Rändern der getipp­ten Quellen standen oft handschriftliche Notizen. Das Papier war fast durchsichtig. Die Quellen, die im Geschichtsunterricht ver­wendet werden, sind anders als die vorliegende Quelle, immer transkri­biert und auf das Wichtigste gekürzt. Manche Handschrif­ten im Staatsarchiv konnten wir gar nicht entschlüsseln.

Historischer Kontext der Quelle

Mitte des 19. Jahrhunderts war die Kohle der Hauptenergielieferant der Schweiz. 90% davon wurde aus Deutschland importiert, doch dies änderte sich, als 1915 der Erste Weltkrieg in einen Wirtschafts­krieg umschlug. Die Schweiz war am Ersten Weltkrieg zwar nicht direkt be­teiligt, produzierte aber Waffen für verschiedene Län­der. Als gröss­ter Kohlelieferant der Schweiz konnte Deutschland seinen Handels­partner erpressen: Es verkaufe nur dann Kohle an die Schweiz, wenn diese damit keine Waffen für Deutschlands Feinde produzieren würde. Der Preis für die Kohle stieg um das sechs- bis siebenfache an. Die Schweiz begann deshalb Kohle einzusparen. Das Sani­tätsdeparte­ment wollte den Kohleverbrauch der Heizungen der Strassenbahnen reduzieren. Unsere Quelle ist die Antwort des Finanz-Departement BS auf diese Anfrage.

Warum waren die Leute über die Veränderung der Heizung in der Strassenbahn nicht er­freut?

Das geplante Einstellen oder Herunterfahren der Heizung betraf den Morgen, Mittag und den frühen Abend. Zwischen sieben und neun Uhr morgens und ebenso abends waren die meisten Menschen auf dem Arbeits- oder Heimweg und benutzten die Strassenbahn. Die Zeiten, zu de­nen die Heizung heruntergedreht oder ausgestellt wurde, waren die Zeiten, in denen die Leute eng gedrängt in der Strassenbahn standen. Der Gedanke dahinter war wahrscheinlich, dass in den überfüllten Strassenbahnen die Körperwärme der Menschen ausreichend sei. Dennoch ist es für uns nachvollziehbar, dass die Leute auf dem Arbeitsweg lieber in einen geheizten Wagon steigen. Das Kohleeinsparen war eigentlich unumgänglich und das wussten die Leute auch. Es ist dasselbe wie heute mit dem Kohlenstoffdioxid. Unser Kopf sagt, wir müssen es einsparen, dann nehmen wir aber doch lieber das Auto als das Fahrrad, nicht wahr?

Basel, den 27. Dezember 1917. Staatsarchiv Basel-Stadt, Sanitätsdepartement XV A 13

Quelle des historischen Kontexts: https://www.tagesanzeiger.ch/wissen/geschichte/die-grosse-energiekrise/story/27645367

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Schulprojekts über Industrialisierung, durchgeführt von zwei bilingualen Schulklassen aus dem Regionalen Gymnasium Laufental, mit Lehrerin Noëlle Borer.