Sprechen über Betteln

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Allgemein

Mandat vom 24.11.1561. Staatsarchiv Basel-Stadt, STA Bf A 1-41

Wie lassen sich historische Texte verstehen? Das zeigt die Arbeit von Bettina Gafner wunderschön. Denn sie kombiniert die „buchstäbliche“ Untersuchung einer Quelle mit der linguistischen Analyse und der historischen Kontextualisierung. Anders gesagt und gefragt: Was für eine Schrift wurde verwendet, was für Textelemente kommen vor, wie lässt sich das transkribieren? Wie muss man frühneuhochdeutsche Satzstruktur und Begrifflichkeit deuten, um den gemeinten Sinn zu entschlüsseln?

Das tönt alles noch recht sperrig – spannend wird es aber, wenn solche Fragen an das Bettelmandat des Basler Rates von 1561 gerichtet werden. Wort für Wort wird so verständlich, wie die Basler Behörden die „Last“ der Bettlerei angehen wollten. Fremden Bettlern und Armen, welchen man Krankheit oder Gebrechen ansehe, war das Betteln auf Gassen und vor Kirchen unter Genehmigung der Bettelvögte zeitlich beschränkt erlaubt. Körperlich unversehrten und kräftigen Bettlern, egal ob Frau oder Mann, wurde das Betteln verboten. Spürbar wird ein latent vorhandenes generelles Misstrauensvotum gegenüber Bettlern und Bettlerinnen, dass diese sich durch «übel Haushalten» mutwillig in Armut gestürzt hätten.

Was steht denn da alles drin in der Bettelordnung? Die gesamte Abschrift ist in der Arbeit von Bettina Gafner nachzulesen (siehe weiter unten). Hier nur ein paar Auszüge in heutiger Sprache:
Die Almosenknechte sollen die Gewalt haben, herumstreichende Bettler, welche sich in den Häusern oder Scheunen verstecken wie zuvor genannt strafen. Zudem sollen sie täglich die Gassen hinauf und hinab patrouillieren, um auch in den Winkelgassen nach Bettlern Ausschau zu halten. Sofern sie dabei heimische oder fremde Bettler fänden, denen gegenüber sie bereits ein Verbot ausgesprochen hatten, sollen sie mit diese ebenfalls wie gehabt umgehen.
Damit fremde Bettler, die gerade erst neu in der Stadt angekommen sind, sich nicht durch Unwissenheit vor dieser Ordnung drücken könnten, werden die Torwärter beauftragt, neu ankommende Arme anzuweisen, auf dem Kohlenberg Unterkunft zu suchen und sie über die Regelung sowie die auf Missachtung angeordnete Bestrafung zu informieren.