Kleinbasel ganz gross

Diese Seite ausdrucken
Allgemein

«Blick in Greifengasse, Restaurant Waldeck, Cafe Spitz», um 1901. Foto Gebrüder Metz, Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 1667

In der Ausstellung «Kleinbasel» (März bis Juni 2022) fällt der Blick als erstes auf ein riesiges Wandposter. Eine historische Fotografie voller Details, die in dieser Vergrösserung plötzlich deutlich sichtbar werden. Dieses Bild erzählt viel über einen Stadtteil im Umbruch – aber die Lektüre braucht Geduld und Spürsinn.

Wie kam es zu dieser Fotografie? Der Fotograf Gustav Metz betrieb in Basel eine Filiale des Tübinger Postkartenverlags Gebrüder Metz. Er lichtete markante Stadtansichten auf Glasplatten-Negativen ab, retuschierte die Vorlagen und stellte daraus Postkarten her. Seine Ehefrau verkaufte den Nachlass später dem Staatsarchiv. Auf den Negativen zu sehen sind zum Beispiel der Claraplatz, die Rheinbrücken oder das Waisenhaus. Immer stehen Gebäude oder Panorama-Ansichten im Zentrum. Menschen, Tiere und Fahrzeuge nahm Metz sozusagen als zufällige Staffage in Kauf. So auch auf dieser Aufnahme, welche die Greifengasse von der Mittleren Rheinbrücke aus zeigt und um 1901 erstellt wurde.

Auf der gedruckten Postkarte sind nur wenige Details erkennbar. Ganz anders auf dem Glasplatten-Negativ im Format 13 x 18 cm: Hier lassen sich Gesichtszüge heranzoomen, Ladenschilder, Gaslaternen … In der Ausstellung «Kleinbasel» wird das Panoramabild in einer enormen Vergrösserung, als Wandposter, präsentiert. Und so werden Details erkennbar, die vor hundert Jahren niemand gesehen hatte. Denn in Umlauf kam damals nur die kleine Postkarte, die Fotografie selbst blieb im Archiv.

Wer das Wandposter in der Ausstellung betrachtet, erhält einen Einblick in historischen Wandel. Auf den ersten, «naiven» Blick hin scheint die Fotografie einfach ein Stück Alltag abzubilden. Dabei erzählt das Bild in vielen Details von einem Moment des Umbruchs und der Vielfalt. Das verdeutlicht die gezielte Bild-Befragung, die auf einem Bildschirm neben dem Wandposter vorgeführt wird. Wer wohnte hinter den Fenstern? Welche Formen von Arbeit werden sichtbar? Welche Menschen sind zu sehen, und wer bleibt unsichtbar? Folgt man diesem Blick einer Historikerin, entdeckt man unglaublich viele Details. Oft erhält ein Bildausschnitt aber auch erst Bedeutung im Kontext, durch schriftliche Quellen aus dem Archiv.

Details wie Tramschienen, Strassenlampen, Pflasterbelag: Sie sind Ausdruck städtischer Infrastruktur im Übergang zur Moderne. Die Brücke wurde kurz nach der Aufnahme abgebrochen, das Erscheinungsbild des Strassenzugs veränderte sich durch spätere Umbauten stark. Gustav Metz starb 1923. Hätte er kurz vor seinem Tod vom selben Standpunkt aus nochmals eine Aufnahme gemacht, wären die Unterschiede augenfällig.